Eine höhere Natur

Die meisten Menschen werden wie Tiere von den Kräften der Natur getrieben: Jedes Verlangen, das in ihnen aufsteigt, erfüllen sie sich, allen Gefühlen, die sich erheben, erlauben sie zu spielen, alle körperlichen Wünsche versuchen sie zu befriedigen. Wir sagen dann, das Tun und die Gefühle der Menschen werden von ihrer Natur (Prakriti) beherrscht und zwar meist von der vitalen und physischen Natur.

Der Körper ist das Instrument der Prakriti oder der Natur. Er gehorcht seiner eigenen Natur, oder er gehorcht den vitalen Kräften der Wünsche, der Leidenschaften usw. Doch der Mensch hat auch einen Geist, und in dem Maße, wie dieser sich entwickelt, lernt er, seine vitale und physische Natur durch seinen Verstand und seinen Willen zu beherrschen. Diese Beherr-schung jedoch findet nur teilweise statt, denn der Verstand wird häufig von vitalen Wünschen und von der Unwissenheit des Körpers getäuscht. Er stellt sich auf ihre Seite und versucht, ihre Fehler und falschen Regungen durch seine Ideen, seine Schlussfolgerungen oder Beweise zu rechtfertigen. Selbst wenn der Verstand sich frei hält und dem Vitalen oder Körper sagt: »Tu dies nicht«, werden dennoch häufig das Vitale und der Körper trotz dieses Verbotes ihren eigenen Regungen folgen, denn des Mensche n mentaler Wille ist nicht stark genug, sie zu bezwingen. Wenn Menschen die Sadhana ausüben, wirkt in ihnen eine höhere Natur, die seelische und spirituelle, und sie müssen ihre Natur unter den Einfluss des seelischen Wesens und des höheren spirituellen Selbst stellen oder unter den Einfluss des Göttlichen.

Nicht nur das Vitale und der Körper, sondern auch der Geist muss die Göttliche Wahrheit erlernen und dem göttlichen Gesetz folgen. Doch wegen der niederen Natur und deren langwährendem Einfluss auf sie sind sie zunächst und auf lange Zeit nicht in der Lage, ihre Natur davon abzubringen , den alten Wegen zu folgen - auch wenn sie wissen oder innerlich gesagt bekommen, was zu tun ist und was nicht. Nur durch ausdauernde Sadhana, nur indem man ein höheres spirituelles Bewusstsein und eine spirituelle Natur erlangt, kann diese Schwierigkeit überwunden werden; doch selbst für die stärksten und besten Sadhaks dauert es lange Zeit.

*Sri Aurobindo

Quelle: HANDBUCH DES INTEGRALEN YOGA

LINK: https://aurobindo/integral_yoga_g.pdf


 

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