Sonne

Der verwirrte Pilger ging wie ein Trunkener mit leuchtendem Herzen zur Sonne und sagte: " O Herrscherin, die du die Welt durchmisst, du hast viele Schicksale auf der Welt gesehen. Deine Fülle und dein Glanz sind unübertrefflich; du bist die goldene Scheibe am vierten Himmel. Du wärmst das Innere aller Atome; du lehrst die kleinsten Teilchen die Liebe. Wärest du nicht die Herrscherin, wie könntest du das Banner heben? Wie könntest du morgens die goldene Pauke schlagen? Deine Strahlen dringen in jede Pore ein, Atom für Atom siehst du ganz klar. Du bist tatsächlich das Auge und die Lampe der Welt; du bist mit dem Diesseits und dem Jenseits vertraut. Bald machst du aus Großzügigkeit einen Stein zum Juwel, bald ohne Alchemie aus Kupfer Gold. Du hältst Rachsch (Rostams Pferd) des Himmelsgewölbes immer zwischen deinen Schenkeln; dein Reich sind immer beide Welten. Aus Rohem machst du Gares; Schmuck und Zierde berühmter Menschen kommen von dir. Ich habe mich von meinem Ziel entfern; hundert Heimsuchungen haben mich zugrunde gerichtet. Wenn du mir einen Hinweis auf dieses Ziel geben könntest, würdest du einen Toten glauben machen, dass er lebt." Als die Sonne diese Geschichte hörte, liefen ihr Plejaden heißer Tränen über das Gesicht. Sie sprach: "Ich bin genauso bekümmert wie du, andauernd bin ich so verwirrt wie du. Mein Gesicht ist gelb von diesem Kummer und mein Kleid blau, einsam steige ich auf und nieder. Tag und Nacht bin ich in Liebe entbrannt, Jahre und Monate verzehre ich mich vor Sehnsucht. Ich kann oben und unten nicht mehr unterscheiden; jede Stunde irre ich von einem Ort zum anderen.

*Attar (1136-1220)

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