Eines Tages gab der Buddha...



Eines Tages gab der Buddha einer Gruppe von Mönchen eine Meditationsübung und empfahl ihnen, für die Zeit von drei Monaten einen ruhigen Platz aufzusuchen.

Die Mönche wanderten einige Tage und erreichten schließlich eine Stadt, in der sie von den Bewohnern freundlich aufgenommen wurden. Nachdem die Mönche ihnen von ihrer Aufgabe erzählt hatten, stellten ihnen die Städter einen großen, ziemlich dunklen Wald zur Verfügung, in dem sie ungestört üben konnten und versorgten sie mit Nahrung. Die Mönche gingen am frühen Morgen in die Stadt, bekamen reichlich zu essen und hatten danach in ihrem Wald die schönste Ruhe für ihre Übungen.

Nach einigen Tagen stellten sie jedoch bei ihren abendlichen Versammlungen fest, dass sie sich nicht konzentrieren konnten, denn si e wurden von fürchterlichen Erscheinungen geplagt. Während der Nachtruhe hörten sie seltsame Geräusche wie Keuchen und Stöhnen. Im Schlaf sahen sie schreckliche Szenen wie abgeschlagene Köpfe und blutrünstige Monster und selbst tagsüber in den Phasen stiller Meditation erschienen abstoßende Bilder und hässliche Worte in ihren Köpfen. Nachdem dies von Tag zu Tag schlimmer wurde und keiner davon verschont blieb, kamen sie bald zu folgendem Entschluss:“Brüder, an diesem Platz kann man nicht üben und nicht leben. Wahrscheinlich gibt es hier böse Geister, die diesen Platz beherrschen und uns vertreiben wollen. Lasst uns zu unserem Lehrer zurückgehen und seinen Rat einholen." So kehrten sie zurück und berichteten dem Buddha von ihren Schwierigkeiten.

Der Buddha ließ sich alles genau beschreiben und dann sagte er: „Ihr Mönche, ihr wart genau am richtigen Platz und genau Wald unterhalb des Taktsang - Klosters bei Paro in Bhutan (Franz - Johannes Litsch) dahin sollt ihr auch wieder zurückgehen." „Oh nein", riefen sie erschrocken, „das können wir nicht!" „Doch, ihr könnt es" antwortete der Buddha, „denn ich werde euch etwas mitgeben, das euch schützen wird." „Was wollt ihr uns denn geben?" fragten sie neugierig. Da gab der Buddha zum ersten Mal die Lehrrede von der allumfassenden Liebe, die in folgenden Worten überliefert ist: „Wer auf dem geistigen Weg vorwärts kommen will, wer mir folgt auf dem Weg des inneren Friedens, der soll folgende Eigenschaften entwickeln: Er sei ehrlich und aufrecht sein, hilfreich und sanft, genügsam und frei von Überheblichkeit.

Lernt folgende Worte: Mögen alle Lebewesen Glück erfahren und Frieden finden! Alle lebenden Wesen, starke und schwache, große und kleine, sichtbare und unsichtbare, nahe und ferne sollen wahres Glück erfahren. Kein lebendes Wesen will ich missachten, keinem will ich Schaden zufügen. Keinem Lebewesen wünsche ich aus Ärger oder Rachsucht irgendein Leid. Wie eine Mutter mit ihrem Leben ihr einziges Kind beschützt und be hütet, so möchte ich mich zu allen Wesen verhalten. Ich öffne mein Herz und durchdringe die ganze Welt mit grenzenloser liebevoller Gesinnung. Ich richte meine liebevollen Gedanken nach oben, nach unten und nach allen Seiten, frei von Hass und Feindschaft. Ob ich gehe , stehe, sitze oder liege – immerzu entfalte ich bewusst diese liebevolle Gesinnung. Ich lasse alle Vorurteile los und gewinne tiefe Einsicht. So besiege ich meine Gier und meinen Hass und finde Frieden und innere Freiheit.“ Nachdem der B uddha die Rede beendet hatte, fügte er hinzu: „Merkt euch diese Worte genau und wenn ihr euch dem Wald nähert, sagt sie auf, viele Male, und dann erst betretet den Wald und setzt euch unter die Bäume." Nachdem die Mönche diese Worte gelernt hatten, gingen sie zurück in den dunklen Wald. Immer wieder sagten sie die Worte auf und übten sich in dieser Haltung. Abends rezitierten sie diese Rede gemeinsam. Schon nach wenigen Tagen wurden die seltsamen Erscheinungen weniger und hörten schließlich ganz auf. So ko nnten sie sich bald wieder ihrer ursprünglichen Übung zuwenden. Sie meditierten über die Vergänglichkeit allen Seins, und bald gab es keinen unter ihnen, der nicht Einsichten und tiefen Frieden erfahren hatte.

Als sie nach drei Monaten zu ihrem Lehrer zurückkehrten, zeigte sich dieser erfreut über ihre geistigen Fortschritte und bestärkte sie in ihren Bemühungen, indem er sagte: „Diese liebevolle Gesinnung solltet ihr immer weiter entwick eln, bis sie so fest geworden ist, wie die Mauern einer unbesiegbaren Stadt. Auf diese Weise kann man alles Böse in der Welt überwinden und von nichts mehr bedroht werden. Auf diesem Fundament kann die Weisheit wachsen. Aber auch wenn das Böse überwunden ist, muss man weiter achtsam bleiben und darf niemals aufhören, sich zu bemühen.

Quelle: Buddhistische Legenden zum Dhammapada, Buch 3, Geschichte 6, Spruch 40. ( Dieser Text stammt aus: Paul Köppler - Auf den Spuren des Buddha, Seite 121 ff)

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