Im Obstgarten

Im Obstgarten legte ein Sufi auf die Art der Sufis das Gesicht auf die Knie, um sein Herz zu öffnen, und versank tief in sich. Ein aufdringlicher Kerl fühlte sich gestört, weil der Sufi aussah, als schliefe er. „Warum", sagte er, „schläfst du? Schau lieber auf den Wein, betrachte die Bäume und Zeichen und grünen Pflanzen. Hör den Befehl Gottes, denn Er hat gesagt: „Schau!" (Koran); richte deinen Blick auf diese Zeichen der Barmherzigkeit". Der Sufi antwortete: „O du Sinnlicher, die Zeichen sind im Herzen; aussen sind nur die Zeichen der Zeichen." Die wahren Gärten und Wiesen liegen im Inneren der Seele; deren Widerspiegelungen im Äusseren sind wie Spiegelungen in fliessendem Wasser. Im Wasser ist nur das Abbild des Gartens, das wegen der feinen Eigenschaft des Wassers zittert. Die wahren Gärten und Früchte liegen im Herzen; der Widerschein ihrer Schönheit fällt auf Wasser und Erde. Wäre die weltliche Zypresse nicht das Abbild der inneren Zypresse, hätte Gott die Welt nicht Welt der Täuschung genannt. Die Täuschung besteht darin: Die Welt der Bilder existiert durch den Widerschein des Herzens und des Geistes der Menschen. Alle Getäuschten betrachten das Abbild und denken, dass es der Ort des Paradieses ist. Sie fliehen vor dem Ursprung der Gärten; sie erfreuen sich an einer Illusion. Wenn ihr Schlaf der Unachtsamkeit zu Ende ist, sehen sie wirklich, doch was nutzt ihnen dann diese Sicht? Dann entsteht auf dem Friedhof grosses Wehklagen; wegen ihres Fehlers schreien sie bis zur Auferstehung „Wehe¨" „Oh, glücklich ist, wer vor dem Tod gestorben ist", denn er hat einen Hauch vom Ursprung dieses Weinbergs erhascht.  

* Rumi