Der Schlaf


Rabbi Schmelke pflegte, damit sein Lernen nicht allzulange Unterbrechung erleide, nicht anders als sitzend zu schlafen, den Kopf auf dem Arm und zwischen den Fingern ein brennendes Licht, das ihn wecken sollte, sowie die Flamme seine Hand berüherte. 

Als Rabbi Elimelech ihn besuchte und die noch eingesperrte Macht seiner Heiligkeit erkannte, bereitete er ihm sorgsam ein Ruhebett und bewog ihn mit vieler Überredung, sich für ein Weilchen darauf auszustrecken. Dann schloß und verhüllte er das Fenster.

Rabbi Schmelke erwachte erst am hellen Morgen. Er merkte, wie lang er geschlafen hatte, aber es reute ihn nicht, denn er empfand eine ungekannte, sonnenhafte Klarheit.

Er ging ins Bethaus und betete der Gemeinde vor, wie es sein Brauch war. Der Gemeinde aber erschien es, als hätte sie ihn noch nie gehört, so bezwang und befreite alle die Macht seiner Heiligkeit. Als er den Gesang vom Schilfmeer sprach, mußten sie den Saum ihrer Kaftane raffen, daß ihn die rechts und links sich bäumenden Wellen nicht netzten.

Später sagte Schmelke zu Elimelech: „Jetzt erst habe ich erfahren, daß man Gott auch mit dem Schlafe dienen kann.“

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